Internationaler Brückepreis geht an:
1993 - Marion Gräfin Dönhoff
Journalistin (1909-2002)
Marion Gräfin Dönhoff erhält ersten Internationalen Brückepreis 1993 der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec.
Lebenslauf
1909 Marion Gräfin Dönhoff wird auf Schloss Friedrichstein in Ostpreußen geboren. Sie ist das siebente Kind in der aristokratischen Familie. Ihr Vater August-Karl ist Mitglied des preußischen Herrenhauses. Mutter Maria arbeitet in jungen Jahren als Palastdame der Kaiserin Auguste Viktoria. Im Kreise von Hauslehrern, Gouvernanten und Dienern wuchs Marion Gräfin Dönhoff auf. "Es ging preußisch, tolerant, liberal zu", schrieb sie einmal, "Und es hieß immer, an die Geimeinschaft, an die anderen denken." Dieser Grundsatz prägte ein Leben lang ihr Handeln.
1932 Nach ihrem Abitur in Potsdam verlässt Marion Gräfin Dönhoff Preußen und studiert in Frankfurt am Main Nationalökonomie. Nach der Machtergreifung Hitlers wechselt die junge Frau nach Basel.
1935 Die 26-Jährige reist durch Europa, die USA und Afrika. Die gewonnenen Eindrücke prägen ihr Verständnis für fremde Kulturen. Vom Nationalsozialismus wendet sie sich ab und beteiligt sich am Widerstand gegen Hitler. Die Mitglieder des Kreisauer Kreises gehören zu ihren Jugendfreunden.
1938 Die Söhne der Familie Dönhoff werden in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Marion Gräfin Dönhoff übernimmt daraufhin die Verwaltung des elterlichen Gutes.
1945 Aus Angst vor den sowjetischen Truppen flieht die 36-Jährige nach Westdeutschland. Die Liebe zu ihrer Heimat bleibt bestehen. Im Gegensatz zu den meisten Flüchtlingen hält sie jedoch die neuen Grenzverhältnisse für rechtmäßig. "Wir müssen uns damit abfinden, dass ist kein Verrat", lautet ein Zitat aus der damaligen Zeit und zeigt ihre politische Weitsicht.
1946 Im Auftrag der englischen Besatzungstruppen schreibt Marion Gräfin Dönhoff das Memorandum "Wie es zu den Nazis kam, warum die Deutschen den Führer so verehrten und was jetzt zu tun wäre" Darin fordert sie die politische und geistige Erneuerung Deutschlands und eine Aussöhnung mit dem Osten.
Die Lizenzinhaber der Wochenzeitung "Die Zeit" bekommen das Schriftstück in die Hände. Maria Gräfin Dönhoff arbeitet fortan für "Die Zeit", erst als Journalistin, dann als Chefredakteurin, und 1972 wird sie Herausgeberin. In zahlreichen Beiträgen setzt sie sich immer wieder für die Versöhnung mit Polen ein.
1971 Der Börsenverein des deutschen Buchhandels ehrt das Engagement der Publizistin mit dem Friedenspreis.
1993 Die Stadt Görlitz verleiht der bescheidenen, aber energischen Frau den ersten Brückepreis. In seiner Laudatio bezeichnet Staatssekretär Günter Ermisch die Journalistin als "publizistische Wegbereiterin der Ost- und Entspannungspolitik Anfang der 70er Jahre." Damit habe sie Anteil an der Entwicklung und schließlich an der Wende in Mittel- und Osteuropa.