Internationaler Brückepreis geht an:
2016 - Timothy Garton Ash
(© Susan Taylor Photography)
Die Verleihung des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec 2016 an Timothy Garton Ash fand am 28. Oktober 2016 im Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz statt. Die Laudatio auf den Preisträger hielt der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister in Vertretung des Bundesministers für Finanzen Dr. Wolfgang Schäuble.
Zuvor trug sich Herr Garton Ash ins Goldene Buch der Stadt Görlitz und ins Gästebuch der Stadt Zgorzelec ein.
Am 29. Oktober 2016 fand das traditionelle Preisträgergespräch im Dom Kultury in Zgorzelec statt, an dem zahlreiche Bürgerinnen und Bürger der Europastadt teilnahmen.
Begründung
für die Verleihung des Internationalen Brückepreises der
Europastadt Görlitz/Zgorzelec 2016 an Timothy Garton Ash
Timothy Garton Ash ist Historiker und widmet sich seit dreißig Jahren als Wissenschaftler und streitbarer Publizist der Beschreibung autoritärer und totalitärer Strukturen, ihrer Auswirkungen und ihrer Überwindung insbesondere in Mittel- und Osteuropa. Dabei war und ist sein Blick offen für Vor- und Nachteile, Stärken und Schwächen politischer Systeme. Gleichzeitig wägt er sie vor dem Hintergrund der europäischen Ideale von Humanität, Toleranz, Freiheit und Gleichheit ab. So wurde Garton Ash eine der wichtigen Stimmen im intellektuellen Europa.
Garton Ash konnte schon in den frühen 80er Jahren – aus einer „fundierten Außensicht“ – die Entwicklungen direkt hinter dem Eisernen Vorhang in einer bemerkenswerten Vielschichtigkeit und Differenziertheit darstellen und bewerten. Aus Beiträgen für die englische Zeitschrift „Spectator“ über die Entwicklung in Osteuropa und zahlreichen eigenen Erlebnissen entstand 1990 „We the People: The Revolution of '89 Witnessed in Warsaw, Budapest, Berlin and Prague” (in Deutschland erschienen unter dem Titel „Ein Jahrhundert wird abgewählt. Aus den Zentren Mitteleuropas 1980-1990“). Als einer der Ersten berichtete er aus eigenem Erleben über die Veränderungen in Mitteleuropa.
Seine Essays für die New York Times und vor allem seine Kolumne in der englischen Tageszeitung “The Guardian”, in Deutschland als Nachdrucke in der „Süddeutschen Zeitung“, der „Zeit“ oder dem „Spiegel“ erschienen, machten ihn einem breiten Publikum bekannt. Heute tritt er ein für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union und ist in seiner Heimat einer der wenigen wahrgenommenen Befürworter der europäischen Idee. Gleichzeitig plädiert er für eine Neudefinition und Neuausrichtung Europas – orientiert an den idealistischen Zielen der „Generation der 89er“. In einem Stern-Interview sagte Ash im Dezember 2015 auf die Frage, wie Europa der Krise entkommen kann: „Indem wir eine ganze Generation in die Verantwortung nehmen. In meiner Generation speiste sich die Idee aus persönlichen Erfahrungen: Diktatur, Krieg und Kalter Krieg. Das gilt so nicht mehr für die 89er. Die sind eine sehr idealistische Generation. Für sie spielen Fragen der Menschenwürde und des Klimawandels eine viel wichtigere Rolle. Die Frage ist, ob es gelingt, die Ideale, die diese Generation treiben, mit der europäischen Idee zu verbinden.“
Timothy Garton Ash ist durch seine Klarheit in der Analyse, die auf breitem historischen Wissen gründet, durch seine Unparteilichkeit in der Bewertung und in seinem Eintreten für europäische Ideale eine Größe, die Europa und den Europäern eine Orientierung geben kann und will. Seine Sicht auf Werte, Entwicklungen und die Menschen, die sie verkörpern, half bei der Festlegung und Formulierung der Ideale, die das neue Europa als Ganzes ausmachen und prägen. An dieser Perspektive auf die „neue Normierung der europäischen Ideale“ für einen vereinten Kontinent ist Garton Ash maßgeblich beteiligt. Und dies macht ihn zu einem der großen Brückenbauer im
Europa nach der friedlichen Revolution.
Görlitz, den 25.02.2016
Prof. Dr. Willi Xylander
Präsident der Gesellschaft
für das Jahr 2016