(Annahme des Preises zurückgezogen)
2006 - Günter Grass
Schriftsteller
(1927 - 2015)
Günter Grass erhält Internationalen Brückepreis 2006 der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec.
Begründung
für die Vergabe des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec 2006 an Günter Grass
Günter Grass ist einer der wenigen weltweit bekannten Künstler, der die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Polen - exemplarisch für die Geschichte Europas und der Europäer im 20. Jahrhundert - dargestellt hat. Seine oft düsteren Fabeln sind dabei zeitlos gültig, aber zeitkritisch, künstlerisch herausragend und fordern die Erinnerung an „das vergessene Gesicht der Geschichte“ ein. Sie bauen so Brücken zwischen den Umständen von heute und gestern und den Menschen, die in ihnen leben und lebten. Auf höchstem Niveau reflektiert er die Geschichte aus dem Blickwinkel eigener Erfahrung und Wahrnehmung und setzt sie in unvergessliche literarische Bilder um. Er genießt höchstes Ansehen in Deutschland wie in Polen.
Bereits in den 60er und 70er Jahren, als die Blöcke des Ostens und des Westens noch dem Kalten Krieg verhaftet waren, forderte er mit unverblümter Deutlichkeit den Ausgleich mit Osteuropa und gleichzeitig von seinen Künstlerkollegen den Widerstand gegen Unrecht und Diktatur und Einsatz für Freiheit und Demokratie.
Für sein künstlerisches Werk erhielt er 1999 den Literaturnobelpreis. Günter Grass war und ist „ein Spätaufklärer in vernunftmüder Zeit“, wie es das Nobelpreiskomitee formulierte, und eine der herausragenden Persönlichkeiten von europäischem Rang, der seine Bedeutung nicht zuletzt dann behauptet, wenn er als streitbar wahrgenommen wird.
Görlitz, den 21. Februar 2006
Präsident der Gesellschaft zur Verleihung
des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec
Dr. Michael Wieler
Sekretär der Gesellschaft zur Verleihung
des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec
Der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass erhält den Internationalen Brückepreis 2006. Wie die Gesellschaft zur Verleihung des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec mitteilt, ehrt die Gesellschaft Günter Grass mit dem Brückepreis für sein Wirken als „einer der wenigen weltweit bekannten Künstler .... (der)... die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Polen exemplarisch für die Geschichte Europas und der Europäer im 20. Jahrhundert“ ... „in unvergesslichen literarischen Bildern“ dargestellt habe. Mit seinem literarischen Werk baue er „Brücken zwischen den Konstellationen von heute und gestern und den Menschen, die in ihnen leben und lebten“.
Der Internationale Brückepreis der Europastadt Görlitz-Zgorzelec wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die demokratische Entwicklung und die Verständigung in Europa in herausragendem Maße verdient gemacht haben. Ein Preisträger kann dabei in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, in Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft, Religion oder Politik, wirken oder gewirkt haben und nachhaltige Anstöße für integratives Denken und Handeln liefern.
Die Entscheidung für den Preisträger erfolgt im zeitigen Frühjahr des jeweiligen Jahres, der Festakt zur Preisverleihung findet im Herbst statt.
Der Termin für den Festakt zur Preisverleihung 2006 ist für Anfang November geplant. Das genaue Datum wird in den nächsten Wochen bekannt gegeben.
Brückepreisgesellschaft steht zu Günter Grass als Preisträger
Die Gesellschaft zur Verleihung des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec sieht nach ihrer Sitzung am 5.9. keinerlei Veranlassung, die Preisvergabe an Günter Grass in Frage zu stellen. Diese Feststellung sei einmütig getroffen worden, erklärte der Präsident der Gesellschaft Prof. Willi Xylander.
Der Nobelpreisträger Günter Grass hatte am 28. August seine im Frühjahr erklärte Annahme des Internationalen Brückepreises der Europastadt Görlitz/Zgorzelec zurückgezogen. Er begründete seine Entscheidung in einem Schreiben an den Präsidenten. Grass verwies dabei unter anderem auf Äußerungen des Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Görlitzer Stadtrat und schrieb: „Ich weiß, wie es ist, wenn ein Preis, der einmal durch eine Jury zuerkannt wurde, nicht verliehen werden kann“.Einen solchen Vorgang wolle er der Gesellschaft zur Verleihung des Internationalen Brückepreises nicht zumuten und „ich selbst möchte ihn nicht noch einmal erleben“.
Die Gesellschaft bedauere ausdrücklich die Entscheidung von Günter Grass und betonte, dass ihre Entscheidungen stets partei- und fraktions-unabhängig seien und es keinen direkten oder indirekten Einfluss politischer Gremien auf ihre Entscheidungen gebe.
Kritik äußerte die Gesellschaft an den überregionalen Medien. Die vielen differenzierten Äußerungen anderer politischer Gruppierungen, auch von weiteren CDU-Mitgliedern aus Görlitz, die sich fast ausschließlich für Günter Grass als Brückepreisträger ausgesprochen hätten, waren überregional nicht mehr wahrgenommen worden. So sei die Aussage des CDU-Fraktionschefs unkommentiert als mehrheitliche Meinung in der Stadt stehen geblieben.
Die Enttäuschung sei sowohl bei den Bürgern der Europastadt, als auch bei den Mitgliedern der Gesellschaft sehr groß. „Wir hatten uns sehr auf Günter Grass und den Festakt zur Preisverleihung gefreut“, sagte Xylander.
Nachdem Günter Grass seine Zusage zurückgenommen habe, werde es im Jahr 2006 nicht zu einer Verleihung des Brückepreises kommen, entschied die Gesellschaft.